Betreuungsunterhalt - Ehegattenunterhalt für die Betreuung von Kindern

Familienrecht

Betreuungsunterhalt - Ehegattenunterhalt für die Betreuung von Kindern

Das Familienrecht kennt verschiedene Varianten des nachehelichen Ehegattenunterhalts. Die mit Abstand wichtigste Variante ist der Betreuungsunterhalt, auf den alleinerziehende Elternteile gegen den anderen Elternteil einen Anspruch erheben können. Die finanzielle Unterstützung durch den anderen Elternteil gleicht das verringerte Einkommen des betreuenden Elternteils aus, welches durch die persönliche Betreuungszeit oft die volle Berufstätigkeit, wenn nicht sogar die Teilzeitbeschäftigung verhindert. Erfahren Sie nachstehend das wichtigste zum Betreuungsunterhalt.

1. Wer bekommt Betreuungsunterhalt?

Betreuungsunterhalt kann zum einen der Ehegatte erhalten, der ein eheliches Kind betreut. Rechtsgrundlage ist dann § 1570 Abs. 1 Satz 1 BGB.

„Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen.“ (§ 1570 Abs. 1 S. 1 BGB)

Das Familienrecht kennt aber auch einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt des nicht verheirateten Elternteils gegen den anderen Elternteil. Rechtsgrundlage insoweit ist dann Paragraf 1615 I Abs. 2 BGB. Die Vorschrift lautet wie nachstehend

„Soweit die Mutter einer Erwerbstätigkeit nicht nachgeht, weil sie infolge der Schwangerschaft oder einer durch die Schwangerschaft oder die Entbindung verursachten Krankheit dazu außerstande ist, ist der Vater verpflichtet, ihr über die in Absatz 1 Satz 1 bezeichnete Zeit hinaus Unterhalt zu gewähren. Das Gleiche gilt, soweit von der Mutter wegen der Pflege oder Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Die Unterhaltspflicht beginnt frühestens vier Monate vor der Geburt und besteht für mindestens drei Jahre nach der Geburt.“

Eine Differenzierung nach ehelichen und nichtehelichen Kindern wird also nicht vorgenommen.

2. Wie lange wird Betreuungsunterhalt gezahlt?

Ein Anspruch auf Unterhalt für die Betreuung der gemeinsamen Kinder steht dem betreuenden Elternteil grundsätzlich für die ersten drei Lebensjahre zu. Dem Kleinkind soll die Pflege und Erziehung durch die Bezugsperson ermöglicht werden. In diesem Zeitraum trifft den betreuenden Elternteil keine Erwerbsobliegenheit.

Der Gesetzgeber geht davon aus, dass ab einem Kindesalter von 3 Jahren grundsätzlich keine Notwendigkeit der persönlichen Betreuung mehr besteht. Mit Abschluss des dritten Lebensjahres geht man davon aus, dass Kinder durchaus in einer Fremdbetreuung (Betreuungseinrichtung) umsorgt werden können, sodass von dem Alleinerziehenden erwartet wird, wieder für den eigenen Lebensunterhalt zu sorgen. Mit anderen Worten wird von dem betreuenden Elternteil erwartet, dass er einer Teil- bzw. Vollzeitbeschäftigung nachgeht.

Der Unterhaltsanspruch endet nicht automatisch mit dem dritten Geburtstag des Kindes. Aus Gründen, die in der Person des Kindes liegen oder aus Gründen, die bei den Eltern liegen, kann der Anspruch auf Unterhalt wegen der Betreuung auch weit über das dritte Lebensjahr des Kindes hinausbestehen.

3. Wann gibt es Betreuungsunterhalt nach dem dritten Lebensjahr?

Nach Ablauf der 3-Jahres-Frist ist zu prüfen, ob der Anspruch auf Betreuungsunterhalt aus Gründen des konkreten Einzelfalls zu verlängern ist. Hierzu sagt die Vorschrift des § 1570 BGB weiter wie folgt aus:

„Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.“ (§ 1570 Abs.1 S. 2 und S. 3 BGB).

Das Gesetz differenziert demnach zwischen kindbezogenen und elternbezogenen Billigkeitsgründen.

4. Was sind kindbezogene Billigkeitsgründe?

Der verlängerte Betreuungsbedarf aus kindbezogenen Gründen kann auf Grund individueller Besonderheiten des Kindes bestehen. Allgemein sind damit

  • das Alter,
  • der Entwicklungsstand und
  • die Begabung des Kindes

gemeint. Daneben kommt aber auch ein besonderer Betreuungsbedarf auf Grund einer Behinderung oder einer Krankheit des Kindes in Betracht. Des Weiteren ist an eine Pflegebedürftigkeit des Kindes oder einen besonderen Therapieaufwand zu denken.

Entscheidend für den weiteren Anspruch ist aber auch die Frage, ob für die zu betreuenden Kinder überhaupt ein Betreuungsplatz zur Verfügung steht. Mit Sicht auf die aktuelle Betreuungssituation lassen sich folgende Fragen formulieren:

  • Gibt es freie Kindergartenplätze in der näheren Umgebung?
  • Kann dem Alleinerziehenden zugemutet werden, weiter entfernte Betreuungsplätze zu suchen?
  • Bedarf das Kind auf Grund gesundheitlicher Probleme einer besonderen Betreuung?

Je nachdem welcher besonderer Betreuungsbedarf nach dem dritten Lebensjahr besteht und unter welchen wann diesem entsprochen werden kann, kann der Betreuungsunterhalt auch nach dem 3 Lebensjahr des Kindes für eine befristete Zeit gezahlt werden.

Es gibt aber Erkrankungen, die sogar einen unbefristeten Anspruch auf Unterhalt wegen Betreuung begründen können. So sprach das OLG Düsseldorf einer Mutter, deren Kind an Immunschwäche leidet, einen unbefristeten Anspruch auf Betreuungsunterhalt gegen ihren Ex-Ehemann zu. Nach Ansicht des Gerichts sei der Kindesmutter eine Vollzeitbeschäftigung nicht zumutbar (Az. II-8 UF 32/09 vom 07.10.2009).

5. Was sind „ehebezogene“ bzw. „elternbezogene“ Billigkeitsgründe?

Bei einem Ehegatten bzw. einem das Kind betreuenden Elternteilt, der im Interesse der Kindererziehung seine Erwerbstätigkeit dauerhaft zurückstellt, geht man davon aus, dass ihm ein längerer Anspruch auf Betreuungsunterhalt eingeräumt werden muss, als einem Elternteil, der von vornherein alsbald wieder in seinen Beruf zurückkehren will.

Die Begründung für die ehebezogene bzw. elternbezogene Billigkeitsgründe liegt in der sogenannten nachehelichen Solidarität. Maßgebend ist insoweit das in der Ehe gewachsene Vertrauen in die vereinbarte und praktizierte Rollenverteilung und die gemeinsame Ausgestaltung der Kinderbetreuung. Damit ist gemeint, dass man sich in einer Ehe darauf verlassen können soll, dass die bisherige Ausgestaltung der Kinderbetreuung, die berufliche und die Lebensplanung auch nach der Scheidung bzw. nach der Trennung relevant bleiben. In welchem Umfang der Unterhaltsanspruch auf Betreuungsunterhalt zu verlängern ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab.

In Zusammenhang mit den verlängernden Billigkeitserwägungen ist auf das Urteil des Bundesgerichtshofs (im Folgenden: BGH) vom 15. Juni 2011, Az. XII ZR 94/09 zu verweisen. Im vorliegenden Fall ging es um Betreuungsunterhalt für ein Kind im Grundschulalter. Hier hat der BGH entschieden, dass einer Vollzeittätigkeit der Mutter nichts entgegenstünde, wenn nach der Schulzeit weiterhin Betreuungsmöglichkeiten für das Kind bestünden. Allerdings sind in diesem Zusammenhang auch immer die individuellen Betreuungsmöglichkeiten zu prüfen und ebenfalls kindbezogene Gründe, die gegen eine Fremdbetreuung sprechen.

Der Leitsatz des BGH-Urteils heißt wie folgt:

„Ein Altersphasenmodell, das bei der Frage der Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus kindbezogenen Gründen allein oder wesentlich auf das Alter des Kindes, etwa bis zum achten und zum zwölften Lebensjahr, abstellt, wird den gesetzlichen Anforderungen nicht gerecht (im Anschluss an das Senatsurteil vom 30.März 2011 – XIIZR3/09-FamRZ 2011, 791).“

Insoweit geht der BGH davon aus, dass mit Vollendung des dritten Lebensjahres des gemeinsamen Kindes grundsätzlich eine Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils einsetzt. Allerdings geben die BGH-Richter auch zu bedenken, dass eine Vollzeittätigkeit der Alleinerziehenden nicht zur Überlastung führen sollte.

Ob kind- und elternbezogene Umstände, die aus Gründen der Billigkeit zu einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinausführen können, sind vom Unterhaltsberechtigten darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen.

6. Wie berechnet sich der Betreuungsunterhalt?

Die Berechnung vom Betreuungsunterhalt für Ehegatten folgt der Ermittlung der allgemeinen Unterhaltsansprüche eines Ehegatten gegenüber dem anderen und basiert damit auf dem Halbteilungsgrundsatz, wobei dem erwerbstätigen Ehegatten 1/7 Erwerbstätigenbonus verbleiben muss

Dabei ist der Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen zu berücksichtigen. Danach muss aber immer noch ein gewisser Betrag übrigbleiben, damit der Zahlende sich auch selbst versorgen kann (Selbstbehalt). Wie hoch dieser ist, beantwortet die regelmäßig aktualisierte „Düsseldorfer Tabelle“ je nach Lebenssituation des Unterhaltspflichtigen unterschiedlich.

Die Berechnung des Betreuungsunterhalts für unverheiratete Elternteile funktioniert etwas anders, weil die Höhe des zu leistenden Betreuungsunterhalts ihre Grenze in dem vor der Geburt erzielten Einkommen des betreuenden Elternteils findet. Der Unterhaltsanspruch des unverheirateten Elternteils kann also nicht höher sein als sein vor der Geburt erzieltes Einkommen.

7. Kann der Betreuungsunterhalt befristet werden?

Nach der Rechtsprechung des BGH kann der Betreuungsunterhalt für Ehegatten nicht befristet werden, weil in der gesetzlichen Regelung des Betreuungsunterhalts in § 1570 BGB bereits alle Umstände des Einzelfalls abschließend zu würdigen sind. Damit gibt die Geltendmachung von Betreuungsunterhalt bei Scheidung als Scheidungsfolgesache erhebliches Drohpotential.

Hinsichtlich des Betreuungsunterhalts des nichtehelichen Elternteils ist die Möglichkeit einer Befristung zumindest umstritten und nicht durch eine entgegenstehende Rechtsbrechung des Bundesgerichtshofs ausgeschlossen.

8. Fazit vom Rechtsanwalt für Familienrecht

Der Betreuungsunterhalt ist vom Ex-Partner an den Alleinerziehenden zu zahlen, damit dieser sich persönlich um die Pflege und Erziehung der gemeinsamen Kinder kümmern kann. Bis zum dritten Geburtstag des gemeinsamen Kindes hat man als Alleinerziehender immer einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt und es besteht keine Erwerbsobliegenheit. Unter bestimmten Voraussetzungen, insbesondere aus sogenannten kind- und/oder ehe- bzw. elternbezogenen Billigkeitsgründen wird der Betreuungsunterhalt über das dritte Lebensjahr der Kinder gezahlt.

Als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht stehen wir Ihnen bei allen Fragen betreffend den Betreuungsunterhalt zur Seite. Sprechen Sie uns gerne an – wir sind Ihr Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht in Hannover.

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